Islam in Westafrika

Islam in Westafrika
Islam in Westafrika
 
Im Savannengürtel südlich der Sahara wirkten einheimische Impulse und Einflüsse des Islam bei der Entstehung mehrerer Reiche zusammen, die sich an den südlichen Endpunkten des Trans-Sahara-Handels bildeten. Die Macht dieser Reiche beruhte auf der Kontrolle des Salz-, Sklaven- und vor allem des Goldhandels. Im 9. und 10. Jahrhundert erlebte das Reich von Gana seinen Höhepunkt. Es hatte sein Zentrum nördlich der Niger- und Senegalbögen im heutigen Mali und Mauretanien, reichte im Osten bis Timbuktu und im Westen bis fast an den Atlantik. Um 1076 wurde es von den marokkanischen Almoraviden erobert. Danach zerfiel es in Teilreiche und ging im 13. Jahrhundert im Reich Mali auf.
 
Dieses Reich erstreckte sich nördlich des Regenwaldgürtels bis zu den Oasenstädten der zentralen Sahara und von der afrikanischen Westküste bis Gao am Nigerknie. Es war damit nach dem Mongolenreich das zweitgrößte Staatsgebilde seiner Zeit. Sein Reichtum und seine Kultur faszinierten die Zeitgenossen und übten großen Einfluss im gesamten islamischen Raum aus. Mali er lebte seine größte Blüte unter Kaiser Kankan Musa (um 1312-37). Im 15. Jahrhundert schrumpfte es unter den Angriffen der Tuareg und Songhai zu einem Kleinstaat.
 
Nun traten die Songhai die Hegemonie in Westafrika an. Sie hatten seit der Jahrtausendwende um Gao einen eigenen islamischen Staat geschaffen, der lange in Abhängigkeit zu Mali stand. 1465 besetzten sie Timbuktu, das 1325-1433 zum Reich Mali gehört hatte, und erlangten durch die Eroberung Djennes 1473 endgültig die Vorherrschaft. Diese verloren sie 1590 durch eine marokkanische Invasion, die das Ziel hatte, den Trans-Sahara-Handel unter marokkanische Kontrolle zu bringen. Nach dem Rückzug der Marokkaner entstanden im 17. Jahrhundert zahlreiche kleinere staatliche Gebilde, von denen jedoch keines mehr die beherrschende Stellung der früheren Großreiche erlangen konnte. Auch die Versuche islamischer Reformer des 19. Jahrhunderts, unter Berufung auf die alten Traditionen ein neues islamisches Reich in Westafrika zu gründen, scheiterten, nun jedoch nicht zuletzt am Vordringen der europäischen Kolonialmächte.
 
Weiter östlich fand im 16. Jahrhundert eine Expansion in umgekehrter Richtung, nämlich von Süden nach Norden, statt. Hier sicherte sich das im 8. Jahrhundert im Bereich des Tschadsees gegründete und im 11. Jahrhundert islamisierte Reich von Kanem-Bornu in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Kontrolle der Karawanenstraßen bis nach Fessan im Südwesten des heutigen Libyen. Trotz Machtverlustes bestand dieses Reich bis Ende des 19. Jahrhunderts. Südwestlich davon, vor allem im Norden des heutigen Nigeria, gründeten die Hausa, ein überwiegend schwarzes Mischvolk hamitischer Sprache, im 12. Jahrhundert ihre Stadtstaaten, die im 14. Jahrhundert den Islam annahmen. Ihre Städte blieben selbstständig, gerieten aber seit dem 15. Jahrhundert abwechselnd unter die Vorherrschaft von Bornu und Songhai.

Universal-Lexikon. 2012.

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